«Es entstehen neue und interessante Sektoren.»
17.03.2022
Interview als PDF
Für Interroll ist der asiatisch-pazifische Raum eine Weltregion mit attraktiven Wachstumsperspektiven für das Geschäft. Welche Entwicklungen prägen die Märkte dieser Region? Wie will das Unternehmen dort seinen Erfolgskurs als Ausrüster für Materialflusslösungen fortsetzen? Antworten gibt Interroll Executive Vice President Dr. Ben Xia, der für die Aktivitäten der Gruppe in Asien verantwortlich ist.
Dr. Xia, wie ist das vergangene Geschäftsjahr in Asien verlaufen?
Ben Xia: Die positive Entwicklung der letzten Jahre hat sich fortgesetzt: Wir haben ein starkes zweistelliges Wachstum beim Auftragseingang erzielt, unseren Umsatz gesteigert und auch unseren Wertbeitrag zur Gruppe weiter erhöhen können. Wir freuen uns sehr, dass unsere Kunden unser technologisches Angebot und unsere Arbeit schätzen, mit der sie deutliche Produktivitätssteigerungen erzielen können. Unser Team in Asien hat die neuen Lösungen, die Interroll in letzter Zeit vorgestellt hat, erfolgreich im Markt etabliert. Für die anspruchsvollen und wachsenden asiatischen Märkte zahlt sich unsere langfristige Innovationsstrategie aus: Wir haben heute genau das richtige Angebot auf dem Markt.
Über welche Plattformen reden wir?
Vor allem über unsere Sorter und die DC Platform, die eine ideale Ergänzung zur Modular Conveyor Platform (MCP) oder zu anderen Förderern darstellt. Sie bietet unseren Kunden – Systemintegratoren und Anlagenbauern – einen hohen Mehrwert. Unsere RollerDrive- Familie lässt sich dank ihrer unterschiedlichen Leistungsstufen für eine Vielzahl von Anwendungen bedarfsgerecht einsetzen. So bekommen Sie als Kunde und Anwender genau das, was Sie benötigen. In Verbindung mit der MultiControl lassen sich kontrollierte, staudrucklose Materialflüsse realisieren, die sich nahtlos in moderne Lagerverwaltungssysteme integrieren lassen - und das auf sehr energieeffiziente Weise.
Stichwort Energie: Auf anderen Kontinenten spielt die Nachhaltigkeit für Unternehmen eine immer wichtigere Rolle. Auch in Asien?
Ja, dieses Argument wird immer wichtiger - vor allem in China. In unserem Fall geht es nicht nur um die hohe Energieeffizienz unserer Antriebslösungen und das staudrucklose Förderkonzept, sondern auch um die hohe Zuverlässigkeit und lange Lebensdauer unserer Technologien. Das spart eindeutig Ressourcen. Mit unserer bewährten Qualitätsstrategie schaffen wir einen langfristigen, zusätzlichen Nutzen und damit Mehrwert für unsere Kunden.
«Unsere RollerDrive-Familie lässt sich dank ihrer unterschiedlichen Leistungsstufen für eine Vielzahl von Anwendungen bedarfsgerecht einsetzen. So bekommen Sie als Kunde und Anwender genau das, was Sie benötigen.»
Ist der E-Commerce auch in Asien immer noch der wichtigste Treiber für die Materialflussbranche?
Ja, auf jeden Fall. Die ohnehin schon rasante Dynamik in diesem Bereich hat sich – wie in den meisten westlichen Ländern – durch die COVID-19-Pandemie noch einmal beschleunigt. Die schiere Menge der täglich zu bewältigenden Warenströme führt dazu, dass die Materialflussprozesse nur noch durch Automatisierung zu bewältigen sind - auch in den Ländern unseres Kontinents, in denen die Arbeitskosten traditionell eher niedrig sind. Bei dieser unausweichlichen Transformation können wir unsere Kunden hervorragend unterstützen. Aber es gibt auch neue Absatzfelder, die für uns interessant sind: Ein Beispiel ist das Produktionsumfeld, insbesondere die Massenproduktion von Akkumulatoren für teil- oder vollelektrische Fahrzeuge in China. Hierfür eignen sich unsere leistungsstärksten RollerDrive-Varianten hervorragend. Ein anderes Beispiel ist die Lebensmittelverarbeitung, insbesondere die Mitarbeiterverpflegung in Unternehmen oder anderen Organisationen. Hier sehen wir, dass sich die Anlieferung von frischen oder gekühlten Gerichten, die vor Ort einfach aufgewärmt werden, mittlerweile auf breiter Front gegenüber der klassischen Kantine durchsetzt. Dies erfordert von den Anbietern in der Regel die Lieferung grosser Mengen an zubereiteten Speisen in sehr kurzer Zeit. Das ist ein spannender Markt, der mit unseren neuen Lösungen für hygienische Anwendungen in Zukunft noch gezielter bedient werden kann.
Und wie wollen Sie das von Ihnen geplante Wachstum erreichen?
Durch die Investition in ein neues Werk, die wir schon vor einiger Zeit angekündigt haben. Die Interroll Gruppe hat dafür rund 25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Die Bauarbeiten für das neue Werk sind planmässig verlaufen - auch in Bezug auf die Kosten. Mit der Eröffnung unseres neuen Standorts im Suzhou Industrial Park, nur 12 Kilometer vom bisherigen Standort entfernt, verdoppeln wir unsere Produktionskapazität auf einen Schlag und verbessern unsere Lieferfähigkeit nicht nur in China deutlich, sondern auch in anderen asiatischen Ländern. Immerhin erwirtschaften wir schon heute rund die Hälfte unseres Umsatzes ausserhalb Chinas. Darüber hinaus sind dies auch wichtige Investitionen in unsere Kompetenz, denn in Suzhou als regionalem Center of Excellence werden wir künftig die komplette Produktpalette der Gruppe fertigen, mit Ausnahme der Produktion unserer Gurtkurve in Shenzhen. Doch Fertigungskapazität und Lieferzeiten sind nicht die einzigen Vorteile, die der neue Standort in Suzhou bietet.
Welche Vorteile gibt es noch?
Ein entscheidender Aspekt bei dieser Investition ist die Tatsache, dass wir nun Eigentümer dieses Standortes sind. Das ist ein klares Signal, dass sich Interroll wirklich langfristig in China engagiert. Das schafft Vertrauen und starken Rückenwind für unser zukünftiges Geschäft. Zudem stärkt allein schon das architektonische Erscheinungsbild, das konsequent unseren Konzernrichtlinien folgt, die Marke und macht unseren Führungsanspruch auf den ersten Blick umfassend erlebbar.
Am neuen Standort in Suzhou geht es also um mehr als nur die Produktion?
Ja, absolut. Wir verfügen dort jetzt auch über Ausstellungsflächen, auf denen wir potenziellen und aktuellen Kunden und Anwendern die Vorteile unseres Angebots live demonstrieren können. Wir unterhalten dort auch Schulungs- und Ausbildungseinrichtungen, so dass wir unseren Partnern unsere Lösungen noch besser erklären und die Ausbildung und Entwicklung unserer eigenen Mitarbeitenden beschleunigen können. Und nicht zuletzt wird sich auch das Arbeitsumfeld für unsere Mitarbeitenden deutlich verbessern und neue Massstäbe setzen. Dies ist ein grosser Vorteil, wenn wir neue Mitarbeitende für unser langfristiges Wachstum und zusätzliche Experten sowie junge Talente für spannende Zukunftsaufgaben gewinnen wollen.
«Das schafft Vertrauen und starken Rückenwind für unser zukünftiges Geschäft.»
Auf der ganzen Welt hat die Pandemie auch die Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen. Derzeit funktionieren viele Lieferketten noch immer nicht so, wie sie sollten. Wie ist die Lage in Asien?
Zu Beginn der Pandemie war es sehr wichtig, dass wir in der Konzernleitung besonnen reagiert und alles Notwendige getan haben, um unsere Kunden zu unterstützen. Wir halten uns sehr strikt an alle Hygienevorschriften, so dass wir in China praktisch keine Produktionseinschränkungen vornehmen mussten. Natürlich ist der Beschaffungsmarkt in Asien, wie überall auf der Welt, angespannt. Aber unser Team hat die grössten Schwierigkeiten mit herausragendem Engagement überwunden. In dieser Situation ist es wichtig, mit den Kunden offen, transparent und vertrauensvoll zu kommunizieren. Herausforderungen in der Lieferkette lassen sich nur gemeinsam mit den Geschäftspartnern bewältigen.
Und abgesehen von China, welche anderen Märkte sind im Moment interessant?
Südkorea ist traditionell ein wichtiger Markt für uns. Hier konnten wir zum Beispiel im vergangenen Jahr die Beziehung zu einem wichtigen E-Commerce-Lieferanten durch Folgeaufträge weiter ausbauen. Auch der japanische Markt, der in der Intralogistik als sehr anspruchsvoll gilt, ist besonders interessant. Ein weiteres Highlight ist Australien, wo wir im vergangenen Jahr Aufträge für zwei moderne Sortieranlagen gewinnen konnten.