Ein Marathon, kein Sprint

17.03.2023

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Als Director Corporate Sustainability & Compliance zeichnet Patrick Wedewardt für die konzernweite Nachhaltigkeitsberichterstattung von Interroll verantwortlich. Wie lässt sich die Verantwortung eines Unternehmens für Umwelt und Menschen eigentlich in Zahlen ausdrücken? Wir haben bei dem 36-jährigen Manager nachgefragt.

Seit September 2021 treiben Sie das Thema Nachhaltigkeit bei Interroll auf der Konzernebene voran. Was ist Ihr beruflicher Hintergrund?

Patrick Wedewardt: Ich komme ursprünglich aus der international tätigen Automobilbranche, wo ich zuletzt zwei Jahre in Shanghai als Leiter einer Geschäftseinheit und parallel  für integrierte Management-Systeme im Automotive Aftermarket zuständig war. Dabei ging es darum, wie sich Prozesse rund um Qualität, Umweltschutz und Arbeitssicherheit ebenso effektiv wie kontinuierlich verbessern, standardisieren und harmonisieren lassen. Vor diesem fachlichen Hintergrund und meiner privaten Vorliebe für naturnahe Rucksackreisen, die mich durch unterschiedlichste Landschaften und Kulturen auf der ganzen Welt geführt haben, sowie meiner ehrenamtlichen Mitarbeit in der Bereitschaft und beim Bevölkerungsschutz des Deutschen Roten Kreuzes ist mein starkes berufliches Interesse an dem Thema Nachhaltigkeit sicher leicht erklärbar.

Wie bei modernen Management-Systemen geht es bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung auch um harte Zahlen, oder?

Ja und nein. Einerseits haben wir bei unserer langjährigen eher qualitativen Nachhaltigkeitsberichterstattung nun die Phase erreicht, in der wir unsere Aktivitäten in der Schweiz und in unseren internationalen Tochtergesellschaften erstmals mit Kennziffern quantifizieren. Dabei folgen wir mit dem aktuellen Bericht, der sich aufs Geschäftsjahr 2022 bezieht, den Standards der Global Reporting Initiative (GRI) und lassen auch weitere Rahmenwerke in den Bericht einfliessen. Wir fassen also unser Verhalten auf diesem Gebiet konzernweit in Zahlen, machen es messbar und so auch im zeitlichen Verlauf vergleichbar.

… und andererseits?

Erreichen Sie bei einer so anspruchsvollen und umfassenden Aufgabenstellung nichts, wenn sich die Menschen nicht damit identifizieren, sich engagieren und eng miteinander kooperieren – und zwar auf allen Ebenen und an allen Standorten. Dieses Projekt stemmen Sie nicht allein am Rechner im Büro. So haben wir etwa zu Beginn lokale Arbeitstreffen mit Vertreterinnen und Vertretern unserer Standorte durchgeführt. Dabei ging es vor allem darum, gemeinsam diejenigen Nachhaltigkeitsbereiche und Handlungsfelder festzulegen, in denen wir mit entsprechenden Massnahmen gemeinsam die stärkste Wirkung entfalten können. Dabei hat mich sehr beeindruckt, mit welchem Engagement die lokalen Manager und das ganze beteiligte Team dieses Thema angegangen sind.

«Das Thema Nach­haltig­keit ist komplex und sehr weit­reichend, also kein Sprint, sondern ein Marathon.»

Wie ging es weiter?

Danach haben wir begonnen, die nötigen Daten bei unseren 35 weltweiten Tochtergesellschaften für unser quantifiziertes Reporting zu erheben – beispielsweise den Energieverbrauch und die verwendeten Energiequellen. Zusätzlich haben wir dann mit Hilfe von Ecovadis, einem führenden Anbieter von Nachhaltigkeitsbewertungen, angefangen, unsere produzierenden Tochtergesellschaften zu bewerten, etwa die Interroll SA in der Schweiz, die ein hervorragendes Ergebnis erzielt hat, um erste Erfahrungen mit der entsprechenden Methodik in diesem Bereich zu bekommen, da wir diese auch bei unseren externen Lieferanten anwenden werden. Weiterhin haben wir Gespräche mit Kunden und Investoren geführt, um auch die Sichtweise unserer externen Stakeholder zu berücksichtigen. Dabei sind etwa die Ergebnisse von ESG Ratingagenturen wie Moodys und Sustainalytics mit eingeflossen.

Und wie wurde dann mit den identifizierten Handlungsfeldern umgegangen?

Das gesamte Thema wird bei uns sowohl vom Verwaltungsrat als auch vom Vorstand mit Nachdruck vorangetrieben. Aus diesem Grund wurden für die Handlungsfelder Policies, Guidelines und Ziele definiert und diese jeweils in die strategische und inhaltliche Verantwortung von einzelnen Mitgliedern des Konzernmanagements übergeben, die gemeinsam mit dem lokalen Management an der Erreichung der entsprechenden Zielvorgaben arbeiten. Dieses Vorgehen sorgt nicht nur für einen effizienten Entscheidungsablauf, sondern auch für eine leichte Identifizierung von Best Practices, die die Wirkung der Massnahmen verstärken.

Welche grundsätzlichen Erkenntnisse haben Sie persönlich bei der Erarbeitung des aktuellen Nachhaltigkeitsberichtes gewonnen?

Im Grunde haben sich meine Erwartungen bestätigt. Das Thema Nachhaltigkeit ist komplex und sehr weitreichend, also kein Sprint, sondern ein Marathon. Das zeigt sich nicht nur gesellschaftlich, sondern auch auf der Ebene eines einzelnen Unternehmens. Zudem lassen sich Nachhaltigkeitsziele immer nur gemeinschaftlich erreichen. Nötig ist also die enge Kooperation aller Beteiligten und eine engagierte Grundeinstellung. Genau deshalb sind wir bei Interroll auch auf einem sehr guten Weg.