Messekalender

Insights

"Wir wollen die Dinge einfacher machen"

Interview with Elisabetta Brunetti, Director Interroll Production System (IPS)

An sechzehn Standorten weltweit werden heute die modularen Plattformen von Interroll hergestellt. Wie stellt man angesichts dieser Vielfalt sicher, dass Interrolls Qualitätsversprechen länderübergreifend eingelöst wird? Die Antwort liefert das konzernweite Interroll Production System ( IPS), das derzeit z um I PS 2.0 weiterentwickelt wird. Ein Gespräch mit Elisabetta Brunetti, Director Interroll Production System, die vorher die IPS-Verantwortung ausschliesslich für die Tessiner Interroll SA innehatte, über die Bedeutung von Produktionssystemen und kontinuierliche Verbesserungen im Zeitalter der Digitalisierung.

Frau Brunetti, wie ist Ihr Unternehmen im Produktionsbereich aufgestellt?

Aufgabe unserer Produktionsorganisation ist es, unsere Qualitätsprodukte weltweit in identischer Güte für den Kunden bereitzustellen. — und zwar auftragsbezogen und mit möglichst kurzen Lieferzeiten. Hierzu unterhalten wir einen Produktionsverbund von sechzehn Fertigungs- und Montagestandorten, die untereinander eng zusammenarbeiten und in jeder Produktgruppe auf die Expertise eines global verantwortlichen Center of Excellence zugreifen. Alle diese Unternehmen vereint, dass sie mit dem Interroll Production System (IPS), das wir bereits 2006 eingeführt haben, nach demselben Konzept arbeiten.

Worauf basiert diese Konzept?

Unser konzernweites Produktionssystem basiert auf dem japanischen Kaizen-Prinzip, das von Toyota entwickelt wurde und sich heute bei den anspruchsvollsten Industrieunternehmen unterschiedlichster Branchen durchgesetzt hat. Wir erreichen mit diesem Konzept eine kontinuierliche und systematische Verbesserung der Produktionsabläufe, die Eliminierung von Verschwendung, aber auch die Optimierung aller anderen Bereiche eines Unternehmens – wie etwa administrative Prozesse. Wir verfolgen mit unserem Produktionssystem ganz klare Ziele: Es geht um maximale Standardisierung, möglichst geringe interne Komplexität und höchste Produktivität, um Lösungen anzubieten, die den Kunden einen hohen Mehrwert bieten.

Welches sind denn die Rahmenbedingungen, unter denen Interroll produziert?

Eine traditionelle Produktion auf Lager macht für uns wirtschaftlich keinen Sinn. Der Grund: Wir müssen eine riesige Vielfalt von unterschiedlichsten Kundenwünschen erfüllen. Das gilt sowohl für die Produktvarianz als auch für die Auftragsvolumina. Potenziell müssen wir bei bestimmten Produktgruppen bis zu 60.000 Varianten eines einzigen Modells fertigen können – bei geringsten Losgrössen. Wir reden also immer über Auftragsfertigungen. Im Extremfall sind dies sogar Einzelfertigungen, die dennoch mit den Qualitäts- und Effizienzvorteilen abgewickelt werden müssen, die eine industrielle Massenfertigung ermöglicht.

Arbeitet nicht jeder Produktionsbetrieb unter unterschiedlichen Bedingungen? Verliert man da nicht schnell den Überblick?

Dieser Gefahr entgeht man, wenn man den Ist-Zustand über die jeweils implementierten Vor-Ort-Abläufe und -Systeme ständig im Blick behält. Auf dieser Basis werden dann Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten transparent. Ausserdem erhalten Sie so die Möglichkeit, Best-Practice-Vergleiche vorzunehmen und konzernweite Standards in diesem Bereich zu setzen.

Warum ist die Standardisierung so wichtig?

Einerseits verhindern Sie, dass das Rad an sechzehn Standorten immer wieder neu erfunden werden muss. Sie werden also effizienter. Andererseits erzielen Sie damit auch wichtige Skaleneffekte. Vor allem dann, wenn Sie – so wie wir – die Digitalisierung der nötigen Prozesse in der Fertigung mit unserem Interroll Production System 2.0 konsequent vorantreiben. Gerade in dieser Phase gilt es, sich auf die geeigneten digitalen Tools zu einigen und einen Wildwuchs zu vermeiden, den Sie später wieder mühsam und kostenträchtig beschneiden müssen.

Können Sie dies an einem Beispiel verdeutlichen ?

Ein Beispiel ist der Einsatz von Auftragszetteln und des Kanban-Systems, das klassischer Weise auf den Einsatz von Karten im Produktionsbereich setzt. Diesen Informationsfluss möglichst durchgängig zu digitalisieren und zu visualisieren, bietet ein hohes Optimierungspotenzial – gerade wenn dies mit unserem konzernweiten Enterprise Resource Planning-, kurz ERP-System, verknüpft wird. Unser Center of Excellence in Wermelskirchen besitzt hier, also für die Einrichtung einer papierlosen Fabrik, eine Vorbildfunktion, an dem sich unsere anderen Werke orientieren. Entsprechende Informationen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden dort über kleine Monitore direkt an den Arbeitsstationen visualisiert. Durch die Eliminierung von Auftragszetteln und sonstigen Papier- Infos werden zeitaufwändige Abläufe überflüssig und mögliche Fehlerquellen eliminiert. Dieses einfache Beispiel zeigt, welche Potenziale die Weiterentwicklung unseres Produktionssystems zu einem IPS 2.0 erschliessen kann. Die Digitalisierung kann also bewährte Prinzipien der Lean Production oder des Total Quality Managements sehr viel effektiver machen.

Was bedeutet dies für die Produktgestaltung ?

Dass wir eine möglichst geringe interne Komplexität bei der Fertigung erzeugen sollten. Das ist einer der Gründe, weshalb wir stringent auf eine modulare Plattformstrategie setzen. Die Verwendung von hundertausendfach bewährten Gleichteilen erlaubt es uns, unsere Fertigung sehr effizient, schnell und flexibel zu gestalten. Gleichzeitig schafft dies die Grundlage für die weltweit hohe Qualität unserer Lösungen. Denn unsere Plattformstrategie erleichtert es uns, überall standardisierte Prozesse in unserem Produktionssystem verwenden zu können.

Welche Methoden setzen Sie ein?

Eine Vielzahl, es geht etwa um Total Productive Maintenance (TPM), Total Service Management (TSM) und Kanban. Es kommen also abhängig von der Aufgabenstellung unterschiedliche Methoden und Instrumente zum Einsatz. Betroffen sind sehr unterschiedliche Themen, etwa operative Abläufe, das Management von Plattformen und die Produktqualität. Doch die Aufgabenstellung ist letztlich immer identisch: Es geht um eine ständige Effizienzverbesserung durch Standardisierung. Wir wollen die Dinge einfacher machen und die Kompetenz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter optimal nutzen und ausbauen. Davon profitieren vor allem unsere Kunden – bei der Qualität, den Kosten und den Lieferzeiten.

Wann ist dieser Optimierungsprozess denn voraussichtlich abgeschlossen?

Dieser Prozess wird niemals abgeschlossen sein. Nichts ist für immer perfekt. Das ist eines der Grundprinzipien von Kaizen. Das Konzept funktioniert zudem unabhängig von den eingesetzten Technologien. Sie brauchen also einen langen Atem und müssen langfristig denken – ein Prinzip unserer Unternehmenskultur, das exakt zum Grundprinzip unseres Produktionssystems passt. Im Grunde geht es hierbei nämlich um eine kulturelle Entwicklung, die persönliche Einstellungen und Überzeugungen betrifft.

Das heisst, Sie müssen bei der Digitalisierung immer auch den Menschen im Auge haben?

Genau. Es geht letztlich darum, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter einbezogen werden muss, um aus persönlicher Überzeugung an der Verbesserung des eigenen Umfeldes zu arbeiten. Dies gilt auch für den Einsatz digitaler Prozesse. Deshalb wird auch immer der Mensch im Mittelpunkt unseres Produktionssystems stehen. So müssen Sie etwa jedem die nötige Freiheit für Verbesserungsvorschläge geben. Diese Ideen müssen gemeinsam besprochen werden und dürfen nicht unbeachtet bleiben. Nur so sorgen Sie für hohes Engagement und Identifikation, die Sie gerade in der Produktion benötigen.

 

Centers of Excellence

Kundenbedürfnisse in Produkte mit höchstem Mehrwert umzusetzen, resultiert bei Interroll in einem globalen Netzwerk von Kompetenzzentren. Das Interroll Center of Excellence in Wermelskirchen (in der Nähe von Köln, Deutschland) konzentriert sich auf Förderrollen, RollerDrive und Steuerungen, die als Schlüsselkomponenten in Rollenbahnen für den Containertransport und anderen internen Logistiksystemen eingesetzt werden.  Dies ist der Kern unserer Unternehmens-DNA - wir haben in unserer Firmengeschichte mehr als 500 Millionen Förderrollen produziert.

Mehr erfahren

Verwandte Artikel

Märkte

Sein Antrieb: Das Publikum zu begeistern

More
Insights

Partnership of equals

More
Insights

Wir setzen auf offene Standards und Modularität

More