«HERAUSFORDERUNGEN ALS CHANCE NUTZEN»
19.03.2021
Interview als PDF
Richard Keely ist Executive Vice President Americas bei Interroll. In dieser Zeit hat er viele Herausforderungen und Chancen erlebt.
Wie hat sich Interroll entwickelt?
Richard Keely: Interroll Americas verzeichnete trotz des schwierigen Jahres 2020 ein zweistelliges Umsatzwachstum. E-Commerce hat uns in Nord- und Südamerika, insbesondere in den USA, einen grossen Schub gegeben. Wir hatten zudem mehr Möglichkeiten, unsere Produkte an kleine und mittelgrosse Integratoren zu verkaufen, da dieses Segment weiter wächst. Gleichzeitig konnten wir wiederum komplette Subsysteme an grössere Integratoren verkaufen, die eine Fülle von Projekten mit grossen Endkunden abwickelten. Wir haben mehrere Nachbestellungen realisiert und bauen unsere Partnerschaften weiter aus. Die Markteinführung und die erste Inbetriebnahme des neuen Interroll High Performance Crossbelt Sorter (HPCS) durch einen Kunden war ein grosser Erfolg für das Team. Wir erlebten ausserdem einen Anstieg der Nachfrage nach unserer modularen Fördererplattform MCP und sind sehr optimistisch, dass wir diesen Aufwärtstrend im Jahr 2021 fortsetzen werden.
Traditionelle Einzelhandelsunternehmen bauen ihre eigene Online-Präsenz weiter aus. Bei einigen hat sich der Umsatz verzehnfacht und sie mussten hierfür die Kapazität ihrer Systeme schnell erhöhen.»
Und ausserhalb der USA – in Brasilien, Mexiko und Kanada?
In Brasilien konnten wir den Umsatz mit unseren Kernprodukten weiter steigern, neue Kunden gewinnen und unsere Produktivität erhöhen, die nun so hoch wie nie zuvor ist. Die grösste Hürde in diesem Markt war die Währung. Die Abwertung des brasilianischen Real stellte unsere Lieferkette vor grosse Herausforderungen. Lokale Stahlhersteller zogen es etwa vor, ihre Produkte zu exportieren, weil sie damit mehr verdienen konnten. Dadurch wurde es schwierig, benötigtes Material zu beschaffen. Wir mussten deshalb andere Lieferkanäle nutzen, darunter auch einige aus Europa, was die Materialkosten erhöhte. Aus diesem Grund haben wir in eine neue Produktionszelle für die DC Platform in Brasilien investiert, die wir 2021 in Betrieb nehmen werden. Dies wird uns helfen, Importsteuern zu vermeiden und unser lokales Angebot weiter auszubauen. In Mexiko sind wir 2020 gut vorangekommen. Wir haben unser Geschäft ausgebaut, neue Partnerschaften mit Systemintegratoren geschlossen und bestehende Beziehungen weiter intensiviert. Wir wurden in einem turbulenten Jahr als sehr zuverlässiger Lieferant wahrgenommen. In Kanada konnten wir unser Produktgeschäft im Land weiter ausbauen und gleichzeitig unsere Kosten effektiv managen. Wir investieren weiterhin in unser Projektgeschäft und sind so aufgestellt, dass wir 2021 weiter wachsen können.
Ihr E-Commerce-getriebenes Geschäft ist also stärker denn je?
Auf jeden Fall. In diesem Sektor sehen wir noch ein erhebliches Wachstum, das sowohl von grossen Endkunden als auch von Logistikdienstleistern, auch als Third-Party-Logistik bezeichnet, ausgeht, die eng mit kleineren E-Commerce-Anbietern zusammenarbeiten. Tatsächlich haben wir den ersten Sorter aus unserer neuen, in den USA hergestellten High-Performance-Crossbelt-Sorter-Produktlinie an einen Third-Party-Logistiker verkauft, der mehrere Online-Händler bedient. Traditionelle Einzelhandelsunternehmen bauen zudem ebenfalls ihre eigene Online-Präsenz weiter aus. Wir haben jetzt mehrere Kunden aus dem traditionellen Bekleidungs- und Modeeinzelhandel, die diesen Weg gehen. Bei einigen hat sich der Umsatz verzehnfacht und sie mussten hierfür die Kapazität ihrer Systeme schnell erhöhen. Wir erwarten auch im Jahr 2021 weiteres Wachstum in diesem Sektor.
Konnte die Produktionskapazität mit der wachsenden Nachfrage in Amerika Schritt halten?
Ja. Durch den Bau unseres neuen US-Werks in Hiram, Georgia wurde neben der bestehenden Fertigungshalle eine zusätzliche Produktionsfläche von rund 11,600 Quadratmeter geschaffen. Wir haben das Projekt fristgerecht und innerhalb des vorgesehenen Budgets abgeschlossen. Und das Timing hätte nicht besser sein können: Wir brauchten diese Kapazität, weil wir in der neuen Fertigungshalle die stark nachgefragten Sorter und die MCP herstellen. Wir waren in der Lage, die Produktionskapazität für Förderer und Sorter mehr als zu verdoppeln, was es uns ermöglicht, die Produktionszeiten zu senken und ein hohes Serviceniveau bei den Kunden aufrechtzuerhalten. Vier weitere Systemintegratoren kamen 2020 bei unserem Sorter-Geschäft an Bord – sie waren Erstkunden in den USA. Und in Hiram haben wir eine zweite Roboterzelle für unsere Palettenrollen-Fliessmontage in Betrieb genommen. Die Roboterzelle hat die Qualität, Geschwindigkeit und Produktivität sowie die Ergonomie am Arbeitsplatz deutlich verbessert. Wir planen künftig, ein Automatisierungsprojekt pro Jahr durchzuführen, das sich auf wiederholende Arbeitsvorgänge konzentriert. Unsere Produktivitätssteigerung zahlt sich aus: Durch kürzere Durchlaufzeiten und zuverlässige Lieferung schaffen wir neue Partnerschaften im Markt.
«Bei Interroll dreht sich alles um Chancen und unsere einzigartige Unternehmenskultur. Wir haben vorzügliche Produkte und grossartige Mitarbeiter. Unser Unternehmen fordert viel, aber befähigt uns auch mit einem hohen Mass an Verantwortlichkeit.»
Planen Sie grosse Veränderungen für 2021?
Wir werden weiterhin in unsere Vertriebsaktivitäten investieren, die immer technischer, beratender und anwendungsorientierter werden. Was die Produkte betrifft, so arbeiten wir in unserem globalen Center of Excellence in Cañon City, Colorado, an einer neuen Gurtkurve. Das Produkt, das noch in diesem Jahr weltweit auf den Markt kommen soll, wird ein schlankeres Design und eine deutliche Geräuschreduzierung aufweisen. Im Produktionsbereich erwarten wir, von den Laserkapazitäten in unserer neuen Fertigungshalle in Cañon City zu profitieren. Ausserdem werden wir im ersten Quartal eine neue Powder-Coating-Anlage in Betrieb nehmen, um unsere Lackierarbeiten in Hiram zu verbessern. Insgesamt setzen wir im Markt auf einen verstärkten Fokus auf Trommelmotoren und unser Gurtkurvengeschäft. Wir erwarten, dass mehrere Endanwender und Systemintegratoren mit neuen Projekten und weiteren Möglichkeiten zu uns zurückkommen werden. Diese engen Beziehungen sind eine grosse Anerkennung für unsere Organisation und die hervorragende Arbeit, die sie geleistet hat, und darauf sind wir stolz. Wir sehen auch neues Outsourcing-Potenzial, da Unternehmen ihre betriebliche Effizienz verbessern wollen und ihre Kernkompetenzen neu bewerten. Zudem arbeitet unser regionales Center of Excellence für Förderrollen, RollerDrive und Trommelmotoren in Wilmington, North Carolina, USA, an zahlreichen Projekten, um Interrolls digitale Transformation in Amerika voranzutreiben.
Und wie sieht es mit Wachstumschancen für Sie persönlich aus?
Bei Interroll dreht sich alles um Chancen und unsere einzigartige Unternehmenskultur. Wir haben vorzügliche Produkte und grossartige Mitarbeiter. Unser Unternehmen fordert viel, aber befähigt uns auch mit einem hohen Mass an Verantwortlichkeit. Für mich persönlich bestand die grösste Herausforderung darin, in den letzten drei Jahren den Aufbau des Projektgeschäfts als zweite Säule unseres Angebots neben unserem Produktgeschäft voranzutreiben. Dies ist nun auf einem guten Weg. Ich bin sehr gespannt darauf, welche Chancen sich im Jahr 2021 für uns eröffnen.